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Sauerbier (Sour-Beer) – Was ist das eingentlich?

Streng genommen, gibt es das Sauerbier nicht. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Vielzahl von unterschiedlichen Biersorten, die auf Grund ihres absichtlich säuerlichen oder sauren Geschmacks, unter der Biergattung Sauerbier zusammengefasst werden. Das heißt, bei einem Sauerbier ist die Säure gewollt. Die Brautechnik Sauerbier fasst folgende Sauerbierstile zusammen:

  • das belgische Lambic
  • Gueuze
  • flämisches Rotbier
  • deutsche Gose

Bei den moderen Sorten, wie zum Beispiel Wild Ales oder „mixed fermentation sours“ wird meist mit wilder Hefe gearbeitet.

Inhalt

Bekannte Sauerbiere

Das Lambic

Die belgische Bierspezialität Lambic entsteht durch Spontangärung. In die Arche des Geschmacks wurde das traditionell hergestellte Lambic von Slow Food aufgenommen. Die traditionelle Zusammensetzung des Produkts ist seit dem 7. Mai 1998 als garantiert traditionelle Spezialität geschützt.
Weiterverarbeitete Varianten sind u.a.:

  • Geuze
  • Kriek
  • Faro
  • sowie andere Fruchtlambic-Biere

Gebraut wird das Lambic mit Wasser, Malz und Hopfen, aber es wird keine Hefe zugesetzt. Diese wird  durch eine offene Lagerung des Sudes aus der Umgebungsluft eingefangen – die sogenannte  spontane Gärung. Das Lambic kann in weiteren Verarbeitungsschritten zu Geuze weiterverarbeitet werden.

Gueuze

Die Lambic Biere sind bekannt dafür, dass sie extreme Biere sind, die sehr sauer und sehr harsch sind.  Teilweise wird sogar von animalischen, stallartigen Aromen gesprochen. Aus diesem Grund werden  Lambics oft verschnitten. Wenn man dabei jüngere Biere, die bis zu etwa zwei Jahre alt sind, mit  älteren Bieren, die drei bis fünf Jahre alt sind, mischt, dann ist das Ergebnis ein zugängliches,  trinkbares Bier – die Gueuze. Der Geschmack wird angenehm fruchtig durch den noch nicht  vergorenen Restzucker in den jungen Lambics. Weltruhm unter den Sauerbierfans erlangte Frank Boon mit dem Boon Oude Geuze Mariage Parfait.

Kriek

Kriek wird traditionell in Belgien hergestellt und ist eine belgische Bierspezialität – der Fruchtlambie – mit einem Alkoholgehalt von circa 4 Volumen-Prozent bis 6 Volumen-Prozent. 200 Gramm frische  Kirschen pro ein Liter Bier werden in dem Lambic mazeriert. Für die zweite Gärung durch Fruchtzucker wird das Kriek drei bis 18 Monate im Fass belassen. Die Brauer bevorzugen die Früchte der alten Kirschenart Schaarbeek aus der Nähe von Brüssel. Die Kirschen sind sehr klein und schmecken herb. Geerntet wird die Kirschenart, die im Übrigen immer seltener wird, wenn sie leicht geschrumpft ist. Die Kirschen sind für das intensive Aroma zuständig, für den intensiven fruchtigen Duft und die rote Farbe.

Faro

Faro – ein junges Lambic- ist eine weitere Unterart des Lambic. Faro wird mit Kandiszucker versetzt.

Flämisches Rotbier

Das flämische Rotbier stammt aus Belgien, das Land ist bekannt für seine hervorragenden Biere. Die  belgische Bierkultur wurde durch die UNESCO auf Grund seiner außerordentlichen Bierkultur zum  immateriellen Weltkulturerbe erklärt. Das Flämische Rot ist ein Sauerbier mit Ursprung in der  belgischen Region Flandern. Von Burgunder bis Rotbraun reichen seine Farbfacetten. Das Bier hat eine sehr helle Schaumkrone mit guter Standhaftigkeit.

Trend Sauerbier

Die Braumeister folgen dem Trend zum Sauerbier, indem sie die vielfältigen Säuerungsverfahren  nutzen. Die Produktvielfalt erweitert sich dadurch und der Absatz verstärkt sich. Allerdings ist die  Sauerbier-Herstellung auch eine Herausforderung mit ihrem einzigartigen und komplexen Aromaprofil. Wichtig dabei ist das Wissen über die Dynamik der Mikroorganismen sowie das Wissen über die Geschmacksentwicklung der traditionellen Sauerbiere.
Doch die deutschen Bier-Oldis gelten inzwischen auch in anderen Nationen (Finnland, USA, Brasilien) als Trendsetter. So sind die populärsten sauren Biere in der US-Craft-Szene deutschen Ursprungs und das sind:

• Berliner Weisse
• Gose

Berliner Weisse

Berliner Weisse ist ein obergärig gebrautes Bier auf Weizenbasis. Es wird mit Hefe und  Milchsäurebakterien vergoren. Als „Champagner des Nordens“ bezeichnete bereits Napoleon das Berliner Weisse. Durch die Craft-Beer-Bewegung erfährt das Sauerbier Berliner Weisse eine wahre Wiedergeburt. Das Sauerbier wird besonders gern in Berlin, mit Fruchtsirup versetzt, getrunken.

Gose

Gose ist ein eigener Bierstil, der dem belgischen Lambicbier ähnelt, aber auch eine gewisse Ähnlichkeit mit Berline Weisse aufweist. Gose entstand früher durch Spontangärung, heute findet die obergärige Brauart Verwendung zur Herstellung. Weiterhin findet neben der alkoholischen Gärung noch eine bakterielle Milchsäuregärung statt. Diese führt zu dem typischen säuerlichen Geschmack. Außerdem ist der Zusatz von Kochsalz und Koriander eine weitere Eigenart.

Wie wird Sauerbier sauer?

Für den charakteristischen Geschmack eines Sauerbieres sind Bakterien verantwortlich. Zum einen  gibt es das Lactobacillus – eine Milchsäure-Bakterie und zum andern das Pediococcus – ebenfalls ein Milchsäure produzierendes Bakterium. Außerdem verwenden viele Brauer neben den beiden Bakterien auch wilde Hefe wie beispielsweise Brettanomyces. Auch wenn diese Hefe nicht für den saueren Geschmack im Bier sorgt, so unterstreicht die unkultivierte Hefe dessen saueren Geschmack.

Die unüblichen Hefen wie Lachancea, Hanseniaspora und Wickerhamomyces werden ebenfalls als innovatives Säuerungsverfahren bei der Säuerung ohne Bakterin verwendet. Die unüblichen Hefen sind in der Lage, während der Würzegärung Milchsäure und Ethanol zu erzeugen. Dieses Verfahren bezeichnet man als Hauptsäuerung. Während der Hauptgärung findet die Säuerung statt und wird vom gleichen Organismus durchgeführt. Die Dauer der Hauptsäuerung beträgt circa zwei bis vier Wochen. Später wird das Bier in Holzfässer zur Reifung gefüllt oder es werden Früchte zugegeben. Mit diesem Verfahren stellen Brauer ohne Zugabe von Bakterien in die Würzepfanne oder den Gärtank das Sauerbier her. Dadurch findet kein Kontaminationsrisiko in der Umgebung der Gebinde statt.

Verfahren zur Herstellung von Sauerbier

Spontane Gärung

Die bekannten Lambicbiere weden mit der spontanen Gärung hergestellt, das heißt, sie unterliegen  einer Gärung durch ein Gemisch von wilden Mikroorganismen und sie werden in einem Kühlschiff zur  Würzekühlung hergestellt. Die Beimpfung mit Mikroorganismen aus der Umgebungsluft ruft die  Gärung hervor. Bis das Bier in Flaschen abgefüllt wird, verbleibt es ein bis drei Jahre in den Fässern.

Verfahren mit Essigsäure

Im Gegensatz, zu der als weich empfundenen Milchsäure, wird die Essigsäure oftmals dafür  verantwortlich gemacht, einen harrschen Essig- Geschmack hervorzurufen. Wenn allerdings das Bier  bereits Milchsäure enthält, kann die Zugabe von Essigsäure zu einem Bier die Geschmacksvielfalt des  Bieres erhöhen und zu einem überlagerten Geschmacksprofil führen. Dabei richtet sich das Ergebnis je  nach Konzentration. Die Essigsäure wird durch den benötigten Sauerstoff der Essigsäurebakterien  erzeugt. Manchmal entsteht dabei ein buttriger Geschmack oder Ethylacetat, welcher je nach  Konzentration als fruchtig oder unangenehm (nach Nagellack) empfunden wird. Acetobacter und Gluconobacter sind die häufigsten Essigsäurebakterien.

Kesselsäuerung

Eine der schnellsten Verfahren zur Herstellung von Sauerbier ist die Kesselsäuerung, bei dem mit einem Säuerungsmikroorganismus beimpft wird. Wenn sich die Würze noch im Kessel befindet, wird auf 40 bis 50 Grad Celsius abgekühlt und mit einem Milchsäurebakterium angestellt. Die Würze wird meistens mit wenig Hopfen gekocht. Um den Säuerungsmikroorganismus abzutöten, wird die Würze nochmals gekocht. Abgekühlt wird die Würze in einen Gärtank geschlaucht und mit Bierhefe beimpft. So wird die Hauptgärung eingeleitet. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es in nur wenigen Tagen durchgeführt werden kann. Die Endqualität ist dabei gleichbleibend.

Im Übrigen eignet sich Sauerbier wegen seiner Säure, die von herb über fruchtig hin zu sattsauer, rauchig, bis ins schokoladige Weiche reicht, besonders gut als Speisebegleiter.
Und natürlich passt ein Sauerbier als Aperitif mit seinen leicht säuerlichen Noten sehr gut als appetitanregender Starter.

Steckbrief Sauerbier:

  • der Alkoholgehalt reicht von 4 bis 7 Volumen-Prozent
  • Hauptmerkmal des Bieres ist der saure Geschmack
  • Biere können totz der Säure recht unterschiedlich sein (Geschmacksempfinden von Balsamico-Essig bis hin zu Zitrusfrucht-Säure oder gar Richtung Champagner)
  • tropisch-fruchtige Noten sind hauptsächlich in den USA zu finden (z.B. Sour Pale Ale)
  • Herstellung von Sauerbier ist eine risikoreiche und spezialisierte Form des Bierbrauens
  • Herstellung in spezialisierten und alteingesessenen Brauereien

Sauerbier-Brauereien und Sauerbiere

Seit Generationen produzieren klassische belgische Brauereien hervorragende Sauerbiere. Bekannt für ihre außergwöhnlichen Sauerbiere sind u.a. die Brauereien: Boon, Rodenbach sowie Cantillon. Sie setzen mit ihren Braukünsten weltweite Maßstäbe.
Auch amerikanische Brauereien für Sauerbier sind über die Grenzen bekannt, wie zum Beispiel: Jester King, The Bruery sowie Lost Abbey. Das traditionelle Ritterguts Gose aus Leipzig zeigt, was für hervorragendes Sauerbier in Deutschlad gebraut wird. Ebenso bekannt wie beliebt ist die Berliner Weisse, die in Berlin von der modernen Craft-Beer-Brauerei Schneeeule hergestellt wird.
Sauerbiersorten u.a.:

  • Ale-Mania Gose Mania
  • BRLO Berliner Weisse
  • Bevog Lola Fruited Sour Ale
  • Bevog Totem Sour IPA
  • Boon Geuze Mariage Parfait
  • Hertl Room 19 “The Corona Room“
  • Lindemans Gueuze
  • Welde Badisch Gose

Eines der ältesten Sauerbiere – Gose

Eine der ältesten Sauerbier-Spezialitäten – die Gose – findet man in Deutschland. Ursprünglich stammt die Gose aus dem Harz und ist seit etwa 400 Jahren mit der Stadt Leipzig in Sachsen verbunden.
Dem Getränk wurde früher eine potenzfördernde Wirkung zugeschrieben und bereits Goethe liebte das spritzig-säuerliche Getränk. Der Beleg vom 27. März 1332 beweist das Brauen von Gose und ist der älteste urkundliche Beleg für das Brauen von Gose. Für die Region Leipzig wird die Beliebtheit des Getränkes ab 1824 nachgewiesen. Fürst Leopold von Anhalt-Dessau macht einer Legende nach die Leipziger im Jahre 1738 mit dem goslarer Getränk bekannt. So wurde aus der Messestadt Leipzig auch die Gosestadt. Einen bedeutenden Anteil daran hatte die Ritterguts-Brauerei mit ihrem Brautechniker Philipp Ledermann. Der Betrieb aus Döllnitz bei Halle blieb bis zum Jahrhundertwechsel wichtigster Lieferant. Mit der Enteignung der Brauerei im Jahre 1945 durch die sowjetischen Besatzer war die Gose in Leipzig ausgestorben. Erst im Jahre 1949 nahm der Leipziger Braumeister Friedrich Wurzler die Gose-Produktion wieder auf. Heute trifft man in Leipzig die Gose in vielen Gastronomiebetrieben an, der bekannteste für die Gose ist dabei die Gosenschenke „Bayerischer Bahnhof“.

Gose international

Seit 2010 findet die Gose in Nordamerika große Beachtung. Das Leipziger Sauerbier entdeckten auch die Craftbrewer in Kanada und den Vereinigten Staaten für sich. Mit seiner „Gose aus der Dose“ nahm 2014 der Bonner Braukünstler Fritz Wülfing am World Beer Cup in Denver teil und sorgte damit für eine bierige Völkerverständigung.

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